Sebastian Linda und ich arbeiten seit 2014 zusammen. Unser erster Film war „Travel where you live” und schon damals habe ich ein Making-of für die Tongestaltung erstellt.
Diesmal möchte ich wieder ein Making-of auf meinem Blog stellen, aber mit dem Fokus auf eine bestimmte Stelle im Film, die ich am spannendsten finde und und anhand derer ich gleich einen Einblick in meinem Sound Design Prozess geben möchte.
Konzept
Im Video stehen zwei Themen im Zusammenspiel: „Urban“ und „Nature“. Eine der ersten Fragen, die ich mir gleich am Anfang gestellt habe, war wie man den Sound aus Städten und der Natur in diesem Film zusammenbringen kann.
Bei den meisten Filmen arbeite ich so, dass ich gleich am Anfang ein simples Mindmap anfertige, welche Subthemen und dementsprechende Klänge mir zu den Hauptthemen einfallen.
Wort-Wolke zu „Urban Nature“
Vor dem Mindmap steht allerdings noch die Aufgabe alle Begriffe zu finden und aufzuschreiben. Dabei versuche ich innerhalb einer gesetzten Spanne, zum Beispiel 30 Minuten, alle Begriffe aufzuschreiben, die mir zu dem Hauptthema einfallen.
Urban, Nature, Straße, Metall, Dynamik, Laut, Bewegung, Autos, Fahrräder, Eis, Schnee, Wind, Feuer, Tiere, Vögel, Vogelschrei, Kratzen, Schnelligkeit, Präsenz, künstliche Räume (Gebäude), echte Räume, Weite, Ferne, Winter, echt, unecht, frei, etc.
Strukturierung im Mindmap
Um all die ganzen Worte zu ordnen, beginne ich mit dem Mindmap. Dazu habe ich verschiedene Perspektiven mit denen ich arbeite. Natürlich gib es eine Einteilung in der inhaltlichen Linie (Urban – Stadt – Verkehr – Autos), was aber darüber hinaus geht ist gleichzeitig eine Betrachtung aus der Perspektive der Tonbearbeitung und Mischung. Diese Punkte lassen sich schon früh in die Tongestaltung und Planung des Prozesses einbeziehen.
Meine regelmäßigen Perspektiven in den Mindmaps:
Das Mindmap hat einen sehr großen Vorteil, wenn man dieses vor der aktiven Arbeit an der Tongestaltung beginnt. Gerade, wenn man mehr Zeit für einen Film hat, lohnt es sich wirklich, Zeit in die Erstellung eines Mindmaps und anderen Vorgedanken zu stecken, um sich kreative Gedankengänge für den eigentlichen Prozess zu stellen. Somit lässt man sich den Raum für Quergedanken und Punkte zum Ausprobieren von einzelnen Stellen im Film.
Ein weiterer Vorteil ist, dass man sich am Anfang klare Ziele für die Tongestaltung setzt. Damit habe ich für mich einen Fokus festgestellt, der sich in meiner Arbeit mittlerweile eingeschlichen hat: gerade beim Aufschreiben der Begriffe des Mindmaps passieren viele Nebengedanken, die es ich lohnt, zu verfolgen.
Making-of
Warum finde ich diese Stelle an dem Film so passen für das Making-of? Weil sich anhand dieser gut verständlich machen lässt, wie Sound bezogen auf Subthemen und Geschwindigkeit Subthemen und Geschwindigkeit funktioniert.
Hier kommt der Gedankengang aus dem Mindmap zum Tragen: Urban – Stadt – Verkehr – Geschwindigkeit. Die Beispielsequenz gibt mir die Sounds genau vor, die ich zu diesem Gedankengang passend aussuche.
Welche Libraries nutze ich an dieser Stelle? Zuallererst schaue ich in meinem umfangreichen Archiv nach. Dieses Archiv habe ich mir über die Zeit aufgebaut. Wenn ich einkaufe, dann gern bei www.asoundeffects.com ein. Eine sehr übersichtliche Seite mit vielen individuellen Libraries und einem sehr schönen Blog. Andere Libraries habe ich zum Beispiel von www.soundbits.de oder www.thesoundpacktree.com und unzähligen anderen.
Dazu kommt die Recherche bei Soundly. Soundly ist einen cloud-basierte Sound-Library, die ich im Blog schon vorgestellt habe.
Manchmal suche ich dann noch bei www.prosoundeffects.com nach einzelnen Sounds, die ich dann kaufe.
Subthemen
Die Hauptthemen „Urban“ und „Nature“ lassen sich in dieser Sequenz sehr gut in Verbindung hören. Wir bewegen uns von den eisigen und windigen Bergen in dieser dynamischen Kamerafahrt unter die Brücke. Aus Richtung Natur in die Stadt kommend, galt es auch eine rasante Fahrt auch im Sound herzustellen.
Beginnen wir mit dem Wind der Berge, unterstützt von einen tiefen Whooshes für Tiefe und Unterbau.
Bei der Brückenszene gibt es verschiedene Soundebenen. Die Basisebene ist die die Atmosphäre der Stadt. Wenn wir an Sound in der Stadt denken, ist der erste Begriff, der um einfällt: Straßenverkehr. In jedem Film, in dem eine Stadt zu sehen ist, ist immer Straßenverkehr zu hören. Naher und distanzierter Straßenverkehr, am Tag oder in der Nacht.
Das geht auch soweit, dass sich einige Filmton-Klischees ausbilden. Wenn man sich Filme anschaut, in denen New York gezeigt wird, sind meist auch Sirenen zu hören.
Eine weitere Soundebene ist der Vogelschrei. Diesen habe ich öfter schon in dem Film verwendet. An dieser Stelle wiederholt er sich, aber mit einem anderen Pitch als diese anderen Vogelschreie.
Den Vogel nutze ich als verbindendes Element. Der Vogelschrei als natureller Klang der sich etwas abgewandelt und mit Tonhöhenveränderung und Hall in die urbane Welt bewegt.
Das dritte zu hörende Element ist das Metallgeräusch. Metall kommt in seiner verarbeiteten Form nicht in der Natur vor. Daher ist das Geräusch eher in der urbanen Umgebung verortet.
Geschwindigkeit
Sound hat einen wesentlichen Einfluss auf die wahrgenommene Geschwindigkeit des Filmes. Die Geschwindigkeit eines Filmes ist technisch gesehen immer konstant. Das gängige Format ist wie bekannt, Frames per Second (FPS). Ab 14 Bilder in der Sekunde nehmen wir eine Bewegung als flüssig war.
Heute sind verschiedene Geschwindigkeiten bei der Filmproduktion bekannt: 23.98, 24, 25, 30 FPS. Es gibt verschiedene Geschwindigkeiten, aus historischen Gründen oder auch je nach Verwendungszweck. Im Kino sind zu Beispiel 24 FPS gängig, im Internet 25 FPS.
Einen Überblick über Timecode und Framerate lässt sich bei Wikipedia finden https://de.wikipedia.org/wiki/Timecode
Ton bewirkt jetzt, dass wir einen Film unterschiedlich schnell wahrnehmen. Je mehr Tonereignisse zu hören sind, um so mehr Informationen verarbeitet unser Gehirn. Wenn wir hingegen weniger Tonereignisse bei gleicher Sequenz, würden wir das Ganze wahrscheinlich langsamer wahrnehmen.
Ein anderes akustischen Phänomen ist, dass wir ein Geräusch oder Klang mit veränderter Tonhöhe auch unterschiedlich schnell wahrnehmen. Je höher der Klang, desto schneller die empfundene Geschwindigkeit. Was ich gern an dieser Stelle nutze ist die Automation von Pitch in der Timeline. Somit könnte ich auch für die Bearbeitung dieser Stelle dieses Phänomen nutzen.
Tonschnitt aufs Bild
Das ist natürlich die entscheiden Aufgabe beim Sound Design. Oft höre sehr gut klingende Sounds in Libraries, doch wenn dieser dann in der Timeline unter dem Film liegt stelle ich fest, dass er im Zusammenspiel mit der visuellen Ebene doch nicht funktioniert.
Daher probiere ich ganz oft Sounds aus. Manchmal höre ich diese und lösche sie sofort. Oder ich lege mir Playlisten an und kann zwischen den Sounds hin und her wechseln. Manchmal passt der Sound nicht in seiner ursprünglichen Form, aber durch Verfremdung dann doch wieder.
Das ist auch neben der Recherche der Hauptteil meiner Arbeit. Und auch der Teil, der am meisten Spaßt macht: das Werkeln und Basteln an den einzelnen Sounds.
© 2023 Bony Stoev | Datenschutz | Impressum
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